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Ernst Wilhelm Baader


 

wurde am 14. Mai 1892 als zweiter Sohn des Kgl. Preuß. Kommerzienrates Rudolf Baader und dessen Ehefrau Margarethe, geb. Kadelbach geboren. Sie war die Tochter des Kgl. Kaufmanns Johann Friedrich Gustav Kadelbach – Inhaber einer Cigarettenfabrik ­ – und dessen Ehefrau, Johanna Wilhelmine Agnes, geb. Schroback.[1].

 
Ernst Wilhelm Baaders älterer Bruder, der nachmalige Kavallerieoffizier Curt Baader, verstarb 1915 als junger Leutnant im „Jäger-Regiment zu Pferde No. 5“ an den Folgen seiner im Ersten Weltkrieg erlittenen Verwundungen.
[2]

 

 

 Standarte des Jäger-Regiments zu Pferde No. 5 [3]

 

Rudolf Baader war der Inhaber der gleichnamigen Fabrik von Brüssel-Imitation- und Axminster-Teppichen, Tischdecken und Portieren, die zunächst in der Stralauer Str. 1 gelegen war und dann ab 1888 in den Südosten Berlins an das Bethanien-Ufer 6 –  dem heutigen Bethaniendamm – verlegt wurde. 1894 wohnten Baaders in der ebenfalls im Südosten gelegenen Köpenicker Str. 105/106; 1898 verzog die Familie in den Berliner Westen, in die Potsdamer Str. 5. Rudolf Baader wurde Anfang des 20. Jh. zum Kgl. Preußischen Kommerzienrat ernannt. Der Ernennung folgte die Berufung als ehrenamtlicher Handelsrichter. 1911 verzog die Familie in die ebenso im Westen Berlins gelegene Kurfürstenstr. 82.

Wenn auch Ernst Wilhelm Baader bedingt durch den 1911 eingetretenen Wohnortwechsel das Kgl. Wilhelms-Gymnasium [4] nicht bis zur Reifeprüfung – diese legte er ein Jahr später, nämlich Ostern 1912 am Leibniz-Gymnasium [5zu Berlin ab –  besuchen konnte, so war doch der langjährige Aufenthalt am Kgl. Wilhelms-Gymnasium  prägend für die humanistische Grundhaltung, die ihn sein Leben lang auszeichnete.  Hier wurden die Grundlagen für tragende lebenslange Freundschaften gelegt; hier am Wilhelms-Gymnasium pflegte man ein unproblematisches Miteinander der Schüler gleicher oder vergleichbarer Herkunft mit jedoch nicht vergleichbarer Religionszugehörigkeit. So wurden im Klassenverband gleichermaßen Kinder aus adligen Familien mit denen des Großbürgertums unabhängig von ihrer jeweiligen Religionszugehörigkeit unterrichtet, so dass Baader sehr früh in Beziehung zum assimilierten deutsch-jüdischen Umfeld trat.

 

 

Ansicht des Königlichen Wilhelm-Gymnasiums in Berlin [6]

 

Über diese so prägende Schulzeit berichtete sein Schulfreund, der nachmalig berühmte Indologe und Religionsforscher Hellmuth v. Glasenapp [7] in seinem autobiographischen Werk „Meine Lebensreise“ [8], in dem er wie folgt ausführte:

 

„Eine Eigenart des Wilhelms-Gymnasiums war, daß in ihm das jüdische Element überwog, was mit seiner Lage in der Nähe der großen Geschäftsstraßen zusammenhing. Als ich 1900 in die Sexta eintrat, waren von meinen 25 Mitschülern 17 Juden, in einer anderen Klasse waren später einmal unter 30 Schülern 20 mosaisch und von den übrigen 10 Christen 5 getaufte Israeliten. Von Antisemitismus war damals keine Rede, vielmehr herrschte ein Geist echter Kameradschaft. Ich gedenke hier nur einiger meiner damaligen Kompennäler, denen ich nähergestanden habe. Ernst Alexander Katz, Sohn eines Rechtsanwaltes, träumte schon auf der Schule von der künftigen Errichtung eines Judenstaates, weshalb er schon vor 1933 nach Palästina auswanderte. Ernst Baader, Sohn eines Kommerzienrates, der nur zeitweise das Wilhelms-Gymnasium besuchte, ist bis zu seinem Tode (1962) einer meiner engsten Freunde gewesen. Er war führender Spezialist auf dem Gebiete der Bekämpfung der Staublunge und anderer Berufskrankheiten. Da er ebenso wie ich gern Überseereisen machte, hatten wir auch in dieser Hinsicht viele Berührungspunkte. Christian Freiherr von Berckheim (im Weltkrieg gefallen), Sohn des badischen Gesandten, war ein begeisterter Herold seines Heimatlandes. Wenn jemand, wie es damals in Berlin üblich war, von „Badensern“ sprach, griff er sofort ein, es müsse „Badener“ heißen. Erich Caro, Sohn eines Rechtsanwaltes, nahm es mit der Sabbatruhe so genau, daß er am Sonnabend keinen Federhalter anrührte, trotzdem war er jahrelang Primus der Klasse. Fritz Jaffé, Sohn eines Rechtsanwaltes und später lange Zeit in einem großen Verlag tätig war von der Sexta bis zu seinem Abgang in eine andere Schule mein ständiger Begleiter auf dem Schulweg. Schon damals ein großer Freund der Literatur, versuchte er sich schon auf der Schule in der Abfassung von Römerdramen. Robert Koppe, dessen Vater Konditor und ein großer Freimaurer war, diskutierte mit mir Glaubensfragen; doch ist er später nicht Theologe, sondern Philosoph geworden. Georg Löwenstein war Freischüler, weil sein Vater im Geschäft Unglück gehabt hatte. Er wurde deshalb von manchen Mitschülern schlecht behandelt. Er stand mir aber besonders nahe, und wir haben bei den Prügeleien auf dem Schulhof zusammengehalten. Er ist jetzt ein bedeutender Arzt in den USA. Reinhold Regensburger, Sohn eines Rechtsanwalts, hatte mit mir zusammen bei einem Unteroffizier Plage Privatunterricht im Turnen. Erst Magistratsrat, ging er später nach Cambridge und ist dort durch seine Skizzen über historische Themen bekannt geworden. Wolfgang Freiherr von Reischach, Sohn des Oberstallmeisters des Kaisers und einer Prinzessin Ratibor, war ein besonders liebenswürdiger Mensch, der leider dem Ersten Weltkrieg zum Opfer gefallen ist. Er hat mich einmal vor einer Stunde Arrest bewahrt. Diese Strafe war nämlich durch den für seine Vorliebe für Anekdoten über Katharina II. und andere ausschweifende Damen bekannten Professor Schneider denen angedroht worden, die wieder in Geographie versagen würden. Mehrere Mitschüler waren schon bestraft worden. Als ich an die Reihe kam, sollte ich die Stationen der Linie Berlin-Paris hersagen. Unter Mitwirkung von Werner Hohenstein, der hinter dem Rücken seines Vordermanns einen Atlas aufgeschlagen hatte, sagte mir Reischach so gut vor, daß die gefürchtete Strafe an mir vorüberging. Ulrich Schmidt, Sohn des berühmten Germanisten Erich Schmidt, führte uns Jungen durch Vorlesungen aus den Werken Schillers und Goethes in die Literatur ein. Ich war später mit ihm in meinem ersten Semester in Tübingen zusammen. Ein ausgezeichneter Fechter, brachte er es beim Corps der Schwaben zu ersten Chargierten; er ist im Ersten Weltkrieg als Flieger abgestürzt. Mein engster Freund war aber der schon erwähnte Fritz Wagner, ein Mensch von seltener körperlicher Kraft und männlicher Schönheit und von einzigartig anständiger Gesinnung. Groß war daher mein Schmerz, als er, nachdem wir zeitweise in Tübingen, München und Berlin zusammen studiert hatten, als Artillerie-Offizier im letzten Kriegsjahr 1918 den Tod für das Vaterland starb.“

 

Die aus dieser Zeit bestehende Freundschaft zwischen Ernst Wilhelm Baader und Hellmuth v. Glasenapp erstreckte sich auch auf die Eltern Baaders, die Glasenapp auf seinen vielen Reisen immer wieder in Garmisch, wohin sich diese während der Inflationszeit zurückgezogen hatten, besuchte. [9]

Nach Erlangung der Hochschulreife Ostern 1912 studierte Ernst Wilhelm Baader in Freiburg/Br., Grenoble, Bonn und Berlin. In Bonn bestand er das ärztliche Vorexamen mit „gut“.

Im Januar 1915 trat er als Kriegsfreiwilliger in das Königin-Elisabeth-Garde-Grenadier-Regiment Nr. 3 [10] ein.

  

 

Standarte des Königin-Elisabeth-Garde-Grenadier-Regiments Nr. 3 [11]

 

Nach verschiedenen Kommandos als Unterarzt trat er in die Dienste der deutschen Militärmission [12] in der Türkei und machte als osmanischer Sanitätsleutnant und Regimentsarzt den Dardanellenfeldzug mit.

 

 

E. W. Baader in der Uniform eines osmanischen Sanitätsoffiziers

(Privatarchiv) 

 

 



Kriegsfürsorge für die türkischen Truppen [13]

 

Nach Einsätzen in verschiedenen Lazaretten Kleinasiens und Konstantinopels kehrte er, an der Ruhr erkrankt, tropendienstunfähig nach Deutschland zurück und wurde zum Staatsexamen abkommandiert, mit der Maßgabe, den Einsatz als Feldhilfsarzt beim Ersatzbataillon des Eisenbahnregiments No. 1 [14] aufzunehmen. In Berlin bestand er am 30. August 1917 das ärztliche Staatsexamen ebenfalls mit „gut“ und promovierte am 13. April 1918 an der Friedrich-Wilhelms-Universität  (heute: Humboldt-Universität) zum Thema „Die Arsentherapie der Syphilis bis zur Salvarsanära“.

Baader, der ursprünglich Kinderarzt werden wollte, wurde zunächst Assistenzarzt der Inneren Abteilung des Städtischen Krankenhauses Charlottenburg-Westend in Berlin und ließ sich bei dem seinerzeit berühmten Internisten Prof. Werner Schultz, der 1922 erstmalig das Krankheitsbild der  Agranulozytose beschrieb [15] und dem bekannten Diabetesforscher Prof. Friedrich Umber [16] zum Internisten ausbilden.

1923 fuhr er dann als Schiffsarzt auf einer Südamerika-Route, wo der Grundstock für seine ausgeprägten spanischen Sprachkenntnisse gelegt wurde. Ursprünglich trug sich Baader mit dem Gedanken, in Berlin-Tempelhof ein privates Haus für Infektionskrankheiten zu errichten, bekam aber für das in Frage kommende Objekt nicht die Genehmigung. Fast zeitgleich – nämlich zum 1.12. 1924 – erfolgte die Berufung zum „Dirigierenden Arzt“ der Inneren Abteilung des Kaiserin-Auguste-Viktoria-Krankenhauses in Berlin-Lichtenberg.

 

 

 

Das Kaiserin-Augusta-Viktoria-Krankenhaus [17]

Während erste Untersuchungen zu den Faktoren Arbeit, soziale Lage und berufsbedingte Erkrankungen, die mit dem Ausbau der staatlichen Gewerbeaufsicht [18] und der Medizinalstatistik einhergingen, bereits im Kaiserreich durchgeführt und publiziert [19] wurden, so bildete sich nach dem Ersten Weltkrieg und unter den Eindrücken der Nachkriegszeit in der Weimarer Republik ein besonderes gesellschaftliches Bewusstsein heraus, eine gemeinsame Verantwortung des Staates und der Wirtschaft für den Arbeitnehmer wahrzunehmen. „Im Kontrast zu Amerika, wo mit dem New Deal Franklin Roosevelts über die Anerkennung der Bedeutung des kleinen Mannes als Konsument mehr Volkswohlstand erreicht werden sollte, wurde in Deutschland darüber hinaus die Förderung der Volksgesundheit zu einer öffentlichen Angelegenheit, zum staatlichen Handeln. Die Gründung der Klinischen Abteilung für Gewerbekrankheiten im Auguste-Viktoria-Krankenhaus in Berlin-Lichtenberg ist Ausdruck dieses neuen Verständnisses von Arbeit und Volkswohlstand. Ihrer sozialpolitischen Bedeutung wegen wurde die Klinik auch nicht in irgendeinem wirtschaftlichen Zentrum, sondern in Berlin, dem politischen Zentrum Deutschlands geschaffen.“ [20]

So entstandnach der 1910 in Mailand von Luigi Devoto gegründeten Klinik für Berufskrankheiten und dem 1923 beginnenden Aufbau von Instituten für Arbeitshygiene und Berufskrankheiten in Moskau damit im industriereichen Berlin-Lichtenberg, in der seinerzeitigen Prinz-Albert-Straße, der heutigen Nöldenerstraße 40-42, die von Baader initiierte und geleitete ‚Abteilung für Gewerbemedizin’ als dritte Arbeitsmedizinische Klinik der Welt. Es gehört nicht zu den historischen Zufällen, dass zwei Tage zuvor, am 12. Mai 1925 die ‚Verordnung über Ausdehnung der Unfallversicherung auf gewerbliche Berufskrankheiten’ mit zunächst 11 Berufskrankheiten verabschiedet wurde. Erstmals trat hiermit in Deutschland der gesetzlich geregelte Schutz der arbeitenden Bevölkerung vor den Folgen von Berufskrankheiten, und damit ein sozialrechtlicher Auftrag an die klinische Arbeitsmedizin in Kraft“ [21]

Der Standort war gut gewählt: „Eine Stiftung der Kaiserin Auguste-Viktoria hatte nach der Jahrhundertwende in Lichtenberg eine Schule, eine Kirche und ein Krankenhaus errichtet, auf einem Grundstück inmitten eines Arbeiterviertels und auf Sichtweite zum Hauptwerk der Knorrbremse AG. Dem Viertel unmittelbar benachbart lag das Rummelsburger Industriegebiet mit einer Vielzahl von chemischen Produktionsanlagen. Im Einzugsgebiet des Krankenhauses wohnten aber nicht nur die meisten der 8000 Beschäftigten der Knorrbremse, sondern auch die Arbeiter mehrerer kleiner Akkumulatorenfabriken. Und so verwundert es nicht, daß in dem Krankenhaus innerhalb weniger Jahre nach der Gründung hunderte von Bleivergiftungen behandelt wurden, über deren berufliche Ursache in der inneren Abteilung der Klinik kein Zweifel bestand.“ [22]

 

 

Auguste Viktoria [23]

  Deutsche Kaiserin und Königin von Preußen 

  geb. 22. Oktober 1858 in Dolzig (Niederlausitz)

 verst. 11. April 1921 Haus Dorn (Niederlande)

 

 

Unter der Leitung von Ernst Wilhelm Baader entwickelte sich das Haus mit seinen klinischen Stationen, Laboratorien, diagnostisch-röntgenologischen und physikalisch-hydrotherapeutischen Einrichtungen rasch zu einem arbeitsmedizinischen Zentrum von internationalem Rang. „Hier hat Baader mit einem unwahrscheinlichen Interesse und intensiven Einsatz als selfmademan eine ungeheure Erfahrung in sich vereinigt, Betriebe besichtigt und die zahllosen damals anfallenden Berufskrankheiten auf das genauste studiert und seine Erfahrungen dann bald in zahlreichen Veröffentlichungen zu Papier gebracht. Baader hatte die richtige Witterung für das Wesentliche und wurde in wenigen Jahren zu dem international geschätzten Experten, eben gerade auf Grund seiner klinischen Erfahrungen, die ihm keiner in dieser Form in Deutschland und auch international streitig machen konnte.“[24]

 

Er selbst beschrieb die Aufbauleistungen dieser Jahre wie folgt:

 

„Die Gewerbekrankenabteilung wurde von mir im Dezember 1924 eingerichtet und erfuhr durch ministerielle Förderung und das Interesse der in Frage kommenden Amtsstellen eine befriedigende Entwicklung. Die Zusammenarbeit mit den Herren Landesgewerbeärzten, die fast sämtlich die Abteilung aufsuchten, und mit den Herren technischen Gewerbebeamten gestaltete sich von Anfang an erfolgsversprechend. Zur Klärung der Diagnose oder zu entsprechender Behandlung wurden der Abteilung vom Landesgewerbearzt, den Versicherungsämtern, den Reichsbahndirektionen Berlin und Königsberg i. Pr., der Reichsdruckerei den Berufsgenossenschaften und den Betriebskrankenkassen Patienten überwiesen, die zwar überwiegend in Großberlin ihre Arbeitsstätte hatten, doch auch aus den Provinzen Brandenburg, Sachsen, Grenzmark, Posen-Westpreußen, Ostpreußen, Schlesien und Pommern eingewiesen wurden. Bald stellte sich das Bedürfnis heraus, für die an gewerblicher Berufskrankheit Leidenden, welche in der Mehrzahl keine Behandlung benötigten, eine Auskunfts- und Untersuchungsmöglichkeit zu schaffen. So wurde Sommer 1925 der Abteilung eine unentgeltlich arbeitende Beratungsstelle für Gewerbekranke angegliedert, deren Sprechstunden werktäglich von 12- 1 Uhr stattfinden. Viele Kassen- und Fabrikärzte, in mehreren Fällen auch die Betriebsleitungen der Firmen sandten verdächtige Patienten mit der Bitte um Befundbericht. Nachdem die Existenz der Beratungsstelle aber in Arbeitnehmerkreisen bekannt geworden ist, wird sie nun auch viel von Angehörigen der verschiedenen Arbeitszweige spontan aufgesucht. Besonders wertvoll hat sich dabei die Lage des Krankenhauses in unmittelbarer Nähe der Berliner Stadt- und Ringbahnhöfe Stralau-Rummelsburg erwiesen, die gerade für die werktätige Bevölkerung auf dem Wege zur oder von der Arbeitsstätte ein leicht zu erreichender Zentralpunkt geworden ist. Von der Erstattung von Meldungen und von irgend welcher Behandlung sieht die Beratungsstelle aus nahe liegenden Gründen ab, sondern gibt dem Ratsuchenden, falls eine gewerbliche Krankheit bei ihm vorliegt, einen Befundbericht mit, den er seiner Firma, seinem Arzt usw. vorweisen kann. Über 50 Betriebsbesichtigungen wurden auf Grund von Anfragen, Krankheitsmeldungen oder aus wissenschaftlichen Forschungsgründen vorgenommen, die in enger Zusammenarbeit mit den zuständigen Gewerberäten oder auch mit dem Gewerbemedizinalrat des Aufsichtsbezirks Magdeburg, jetzt beim Polizeipräsidium Berlin erfolgten. Besonderes Augenmerk wurden den Gesundheitsverhältnissen in Bleibetrieben (Bleihütten, Akkumulatorenfabriken, Bleigießereien) und Quecksilberbetrieben (Haarhutfabriken, elektrotechnische Laboratorien), den Glashütten, den Metallwäschereien oder der Mundleimerei geschenkt. Das Zentralkomitee für das ärztliche Fortbildungswesen in Preußen übertrug mir die Abhaltung gewerbemedizinischer Vorlesungen, die erstmalig Winter 1924/25 unter dem Titel: ‚Klinik der Arbeiterkrankheiten’ erfolgten. Nach Einführung der Meldepflicht der gewerblichen Berufskrankheiten wählte ich als Thema die Bezeichnung: ‚Klinik der gewerblichen Berufskrankheiten, besonders der seit dem 1. Juli 1925 meldepflichtigen, mit Laboratoriumsprüfungen und Fabrikführungen’. Die Kurse dienen lediglich der Fortbildung approbierter Ärzte und hatten bisher 52 Hörer. Für die Studenten der Universität wurden unter Führung des Herrn Prof. Joachimoglu Besichtigungen der Abteilungen mit Krankenvorstellungen in drei Semestern veranstaltet. Auf Anregung des Kaiserin-Friedrich-Hauses wurde zur Unterrichtung der in Vereine zusammengeschlossenen Ärzteschaft der kleinen Städte und des platten Landes ein Lichtbildervortrag mit 42 Bildern ‚Die meldepflichtigen Berufskrankheiten’ verfaßt, welcher der staatlichen Lehrmittelsammlung für Leihzwecke dienen soll. In Gemeinschaft mit dem Kinematographischen Institut der Universität wurde ein Lehrfilm ‚Gesundheitsgefahren in Glashütten und ihre Verhütung’ geschaffen. Weitere Filme sind in Vorbereitung. Eine Reihe von Publikationen und Dissertationen gingen aus der Abteilung hervor. Von letzteren seien erwähnt: Dr. Hellhoff: ‚Kasuistik und Symtomatologie der Brommethylvergiftungen’ 1925, Dr. Kühn: ‚Welchen Wert haben Cholesterinbestimmungen im blute bei der Bleivergiftung?’ 1926, Dr. Dr. Straube: ‚Gesundheitsverhältnisse der Berliner Mundleimerinnen’ 1927.  Durch Vorträge in den medizinischen Vereinen Berlins, auf den Jahreshauptversammlungen der Deutschen Gesellschaft für Gewerbehygiene (Essen 1925, Wiesbaden 1926) und auf der 86. Naturforschertagung in Düsseldorf wurde versucht, weiteres Interesse für Gewerbemedizin und die Arbeit der Abteilung zu erwecken. Auf Aufforderung vieler sozialhygienisch interessierter Stellen wurden sozialhygienische Vorträge allgemeinen Inhaltes gehalten: Deutscher Verband der Sozialbeamtinnen, Ortsgruppe Hagen: ‚Krankheitsgefahren und ihre Verhütung bei gewerblicher Arbeit’; Gesellschaft für soziale Reform, Ortsgruppe Berlin ‚Meldepflicht und Entschädigung bei gewerblichen Berufskrankheiten’; Reichsausschuß für hygienische Volksbelehrung, Radiovortrag ‚Gesundheitsgefahren des Berufs’; Brandenburgische Gesundheitswoche: Beruf und Gesundheit’ usw. Auf dem ersten internationalen Kongreß für Sexualforschung, Oktober 1926, Berlin, hielt ich ein Referat: ‚Berufsarbeit mit Blei, Quecksilber, Arsen und Phosphor in ihrer Wirkung auf die Sexualhormone’. Einer Einladung zu Gastvorlesungen an der Westdeutschen Sozialhygienischen Akademie in Düsseldorf April 1926, konnte leider nicht entsprochen werden, da ich gleichzeitig zu Gastvorlesungen über die Gewerbemedizin in Deutschland (Medicina industrial en Alemania) an die Universitäten Madrid und Barcelona eingeladen war.  Forschungsreisen (Frühjahr 1926 Besuch bei den Quecksilberminen in Almadén (Südspanien), Frühjahr 27 Besuch der Quecksilberminen in Idria (Italien) und Pfingsten 27 der durch den gewerblichen Lungenkrebs bekannt gewordenen Kobaltgruben in Schneeberg (Erzgebirge) ergänzten die Außenarbeit der Abteilung. Für gütige Hilfe bei der Besichtigung der historischen Minen von Almadén bin ich dem Generalinspektor des spanischen Sanitätswesens Exz. Dr. Don Román G.a Durán, beim Besuch Idrias dem Königlich faszisischen Kommissar Emanuele Ricci und für Schneeberg Herrn Sächs. Landesgewerbearzt Geheimrat Prof. Dr. Thiele zu besonderem Dank verpflichtet. Auf den Reisen, bei den Betriebsbesichtigungen und durch Bildaufnahmen der Patienten der Abteilung und Beratungsstelle konnte eine kleine Sammlung von Schaustücken erworben werden, die als Unterrichtssammlung dem Krankenhaus dient. Sie wurde durch freundliche Spenden der Herrn Dr. Gerbis, Thiele, Hayo Bruns, Miguel Ferrando bereichert. Auch dem Holzarbeiterverband (Sammlung Ekzem erzeugender Hölzer), den Firmen Osram & Auer (Schutzmasken), der Reichsarbeitsverwaltung und den Berufsgenossenschaften (Warnungsplakate) sei hier gedankt. Eine kleine Fachbibliothek gewerbemedizinischer Literatur ist im Werden und wird fortlaufend auch durch die Publikationen der ausländischen Institute (Russland, Italien, Schweiz, Spanien) unterstützt. Zur Beschickung von Ausstellungen wurde die Abteilung mehrfach aufgefordert. März 1925 wurde ich in den Großen Wissenschaftlichen Ausschuss für die Vorbereitung der Gesolei, 1926 in Düsseldorf gewählt, wohin einige Schaustücke unserer Sammlung gesandt wurden. Auf der Ausstellung ‚Arbeit und Gesundheit’ Essen 1925, war die Abteilung durch einige Bilder vertreten und der Bitte der Stadt Berlin, für das ‚Gesundheitshaus Kreuzberg’ Abformungen von Modellen aus dem Gebiet der Gewerbekrankheiten zur Verfügung zu stellen, wurde ebenfalls entsprochen. Das rege Interesse, das der Gewerbekrankenabteilung allerorts entgegengebracht wurde, dokumentierte sich durch den Besuch führender Gewerbemediziner des In- und Auslandes, sowie leitender Herren der Reichs-, Staats- und Kommunalbehörden. Januar 1927 besuchte die Studienkommission argentinischer Wissenschaftler die Abteilung. Besonderes Interesse schenkte auch die Vertretung des Volkskommissariats für Gesundheitswesen der Union soz. Sowjetrepubliken der Arbeiterabteilung, die häufig russische Ärzte zum Studium zu uns sandte. Da zudem die Abteilung noch reichlich mit Gutachten und Beantwortung gewerbemedizinischer Anfragen seitens der Herren Gewerbemedizinalräte, Gewerberäte, Kreisärzte, von Fabrikdirektionen, Arbeiterverbänden, Krankenhausleitungen und anderen zu tun hat, fehlt es ihr nicht an Arbeitsmöglichkeit, so daß ihre Daseinsberechtigung mir voll erwiesen erscheint...“. [25]

Der am 14. Mai 1925 – dem 33. Geburtstag Baaders – herausgegebene Erlass des seinerzeitigen Ministers für Handel und Gewerbe [26] und die in diesem Zusammenhang stehende Einverständniserklärung des Ministers für Volkswohlfahrt vom 26. Mai 1925 [27] zur Errichtung einer gesonderten Einrichtung für Gewerbekrankheiten im Kaiserin- Auguste-Viktoria-Krankenhaus, markieren aufbauend auf die Verordnung über Ausdehnung der Unfallversicherung auf gewerbliche Berufskrankheiten’ vom 12. Mai 1925 [28] den Beginn der Arbeitsmedizin als einer Wissenschaft von weit reichender sozialpolitischer und sozialökonomischer Dimension.

„Mit der neuen Aufgabe entfachte der 33jährige Baader ein Feuerwerk von Aktivitäten. Er etablierte sofort ständige Kontakte zu Landesgewerbeärzten und technischen Gewerbeaufsichtsbeamten. Patienten aus Berlin und den angrenzenden Provinzen von Brandenburg bis Schlesien wurden an seine Klinik zur Begutachtung und Behandlung überwiesen. Er richtete eine Poliklinische Beratungsstelle für Gewerbekranke ein, die natürlich der ärztlichen Schweigepflicht unterlag, und unter improvisierten Umständen wurden Lehrgänge für Ärzte abgehalten, die regen Zuspruch fanden. Das Baadersche Institut erlangte in wenigen Jahren eine Popularität, die Besucher aus ganz Europa herbeirief - zum nicht geringen Stolz seines Leiters, dem die Gästebücher so wertvoll erschienen, dass er sie seiner Mutter später auf die Flucht nach Schlesien mitgab, als Berlin bombardiert wurde. Die Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität erteilte Baader einen akademischen Lehrauftrag und verlieh ihm 1930 die neu eingerichtete Dozentur für Berufskrankheiten, womit die Arbeitsmedizin dort zum eigenständigen medizinischen Lehrfach wurde. Baader machte es sich zur Aufgabe, Arbeitsplätze und Produktionsanlagen in allen arbeitsmedizinisch bedeutsamen Branchen zu besichtigen. Er besuchte nicht nur die benachbarten Akkumulatorenfabriken, sondern auch Bleihütten, Quecksilberbetriebe, Glashütten, Metallwäschereien und Betriebe der chemischen Produktion, um in den Vorlesungen unter den Ärzten ein Bewusstsein dafür entwickeln zu können, dass auch das berufliche Umfeld auf die Gesundheit wirkt. Er war ein begabter Propagandist im besten Sinne des Wortes. Und natürlich verfolgte Baader in seiner Arbeit neben dem wissenschaftlichen auch den sozialpolitischen Aspekt der Arbeitsmedizin. Neben Veröffentlichungen zu den Wirkungen von Blei, Arsen, Schwefelkohlenstoff und Kohlenmonoxyd schrieb er aufklärende Artikel wie ‚Meldepflicht und Entschädigung von Berufskrankheiten’ und ‚Gewerbemedizin – ein neues Pflichtproblem des deutschen Arztes’. Vor allem ihm ist es zu verdanken, daß die Erweiterung der Unfallversicherung auf sogenannte chronische Vergiftungen auch zu öffentlichem Bewußtsein kam. Die klassische Vorstellung vom Arbeitsunfall als plötzliches dramatisches Ereignis mußte aufgebrochen und erweitert werden. Der Öffentlichkeit mußte bewußt werden, daß schleichende berufliche Krankheiten, die als Schicksal und frühes Altern mit Verlust vieler Lebensjahre hingenommen wurden, in ihrer Bedeutung und Tragweite den Unfällen nicht nachstehen, und daß der Unfallschutz zu ergänzen ist durch die Verhütung von Berufskrankheiten.“ [29]

 

 

Aus dieser Zeit stammt ein nicht unerheblicher Teil seiner nahezu 200 wissenschaftlichen Veröffentlichungen; so zu den medizinischen Auswirkungen der akuten Quarzlunge, den gewerblichen chronischen Schwefelkohlenstoffvergiftungen, den Manganvergiftungen in Elementefabriken und zur Entstehung und Verhütung von Silikose. [30] Aufgrund seiner wissenschaftlichen Reputation wurde Baader 1931/1932 dann zum Mitglied des Senats des Reichsversicherungsamtes berufen.

„Baader verstand die Arbeitsmedizin als Brückenwissenschaft hin zur Politik. Den Zweck seiner wissenschaftlichen Arbeit sah er in der Unterstützung des Gesetzgebers zur Prävention berufsbedingter Krankheiten. Und seine Öffentlichkeitsarbeit rechtfertigte er damit, dass die Diagnostik vieler Krankheiten unter arbeitsmedizinischen Aspekt entwickelt und der Arzt davon überzeugt werden musste, nach beruflichen Ursachen für die ihm vorgestellten Erkrankungen zu fahnden.“ [31] Die Massenarbeitslosigkeit, die die letzten Jahre der Weimarer Republik formte und das Elend der Arbeiter, um deren gesundheitliche Linderung er sich aufopfernd bemühte, werden ihn neben dem sozialpolitischen Aspekt der Arbeitsmedizin, den er ja mit wesentlich mit prägte, mit beeinflusst haben, im Mai 1933 in die NSDAP einzutreten. Man kann über die Beweggründe spekulieren; sie werden an gesonderter Stelle nochmals aufgegriffen werden, da der frühe Parteieintritt, die Mitgliedschaft im NS-Ärztebund und seine spätere Tätigkeit als beratender Arzt der Hitler-Jugend (Gau Berlin) ihm heute – und zwar ahistorisch, nämlich aus der Sicht einer heutigen Beurteilung der Lage unter Berücksichtigung des heutigen Wissens um des historischen Geschehensablaufs – vorgeworfen werden. Baader war aber schon aus dem großbürgerlichen Elternhaus, aufgrund seiner polyglotten Bildung und seiner beruflichen Tätigkeit heraus, vor ideologischen Massenphänomenen und plumpen agitatorisch vorgetragenen Schuldzuweisungen, auf denen der Nationalsozialismus aufbaute und letztlich seine Unterstützter generierte, gefeit. Baader war kein Phantast; er war durch und durch Realist und um seine damaligen Schritte nachvollziehen zu können, soll in diesem Zusammenhang auf die Ausführungen seines langjährigen Mitarbeiters Prof. Dr. Hans Symanski, dem späteren Mitbegründer der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und nachmaligem Direktor des Instituts für Arbeitsmedizin der Saarlanduniversität Saarbrücken,  verwiesen werden:

„Baader selbst hatte einen einzigen Bruder gehabt, welcher im 1. Weltkrieg fiel. Dieses Ereignis muß eine für sein Leben nachwirkende geistige Haltung bewirkt haben. Er sprach kaum darüber, aber eine letzten Endes pazifistische Geisteshaltung bestimmte wohl seine ganze Lebensführung, wobei er die Konsequenz daraus zog, alle nur möglichen sich bietenden Gelegenheiten des Lebens zum Vorteil seiner Ziele und Aufgaben wahrzunehmen, mochten auch die politischen Wechselfälle des Lebens noch so kontrastreich verlaufen. Ich glaube, darauf beruhte auch seine spätere enge Freundschaft mit dem französischen Arbeitsmediziner Desoille, der, ein Edelkommunist, der Begründer der französischen Gesetzgebung über Arbeitsmedizin aus den Jahren 1944/45 geworden war, was Baader aber nie herausstellte, sondern von der ich zufällig Kenntnis bekam. Weiß Gott, die Zeiten sind auch wirklich kontrastreich verlaufen, und Baader verstand, sich auf den Boden der Tatsachen zu stellen, wo es auch immer gewesen sei. 1933 erzählte er uns vertraulich, wir müßten damit rechnen, daß das neue Regime mindestens 50 Jahre existieren würde; er riet daher jedem von uns, irgendeiner Organisation beizutreten, einen militärischen Grad zu erwerben usw. Er selbst hat aber gleichzeitig insgeheim in seiner pazifistischen Gesinnung jüdischen Mitarbeitern die sofortige Flucht ins Ausland bei Nacht und Nebel ermöglicht und ihnen damit das Leben gerettet, was ihm später bei der sogenannten Entnazifizierung seine sofortige Rehabilitation ermöglichte, obwohl bei oberflächlicher Betrachtung vielen diese Tatsache bei seiner äußeren Anpassung an das Dritte Reich anfangs widerspruchsvoll erschienen war. Ich berichte dies aus meiner Kenntnis der damaligen Verhältnisse, wo ich von 1931 bis 1937 Assistenzarzt und stellvertretender Oberarzt in der von Baader 1925 gegründeten Abteilung für innere Medizin und Gewerbekrankheiten des Auguste- Viktoria-Krankenhauses in Berlin-Lichtenberg und anschließend an dem Universitätsinstitut für Berufskrankheiten in Berlin-Neukölln gewesen war.“ [32]

Die in diesem Zusammenhang nun heute von gewissen Autoren eilfertig geäußerte These, dass Baader seine spätere Chefarzt-Stelle im Neuköllner Krankenhaus nur durch das Berufsverbot für jüdische Ärzte erlangen konnte, nicht jedoch aus Gründen wissenschaftlicher Reputation, ist angesichts der Leistungen Baaders, vornehmlich seines wissenschaftlich national und international ausgewiesenen Renommees, völlig absurd. [33] Die Wirklichkeit sieht hier anders aus, unbestritten der Tatsache, dass die nationalsozialistische Politik jüdische Ärzte und/oder „rassisch“ belastete Ärzte im Zusammenhang mit der im Januar 1933 erfolgten Machtergreifung aufkommenden Gesetzgebung schnell und rücksichtslos aus dem Amt entfernte. [34] 

Baaders Tätigkeit am Kaiserin-Auguste-Viktoria-Krankenhaus stieß schon aufgrund des mangelnden Kapazitätsausbaus des insgesamt 100 Betten umfassenden Gebäudes baulich an seine Grenzen. „Als Unterrichtsraum mußte mit Verdruß für viele, der Schwestern-Speiseraum dienen, Vorweisungsgut wurde aus einer engen ehemaligen Wäschekammer heraus getragen. Die seit Sommer 1925 stattfindenden poliklinischen Beratungen wurden im Raum für die Erste Hilfe gehalten, die in immer stärkerem Maße von Berufsgeschädigten in Anspruch genommen wurden. Die wachsende Bücherei, die Gutachtenakten und alles andere leidlich zu bergen, verbot die Enge, wie auch die steigenden Laboransprüche nicht zu befriedigen waren.“ [35] Zudem wurden neben der von Baader geleiteten Inneren Abteilung und der Abteilung für Gewerbekrankheiten 1932/33 an dem Krankenhaus noch eine Chirurgische und eine Urologische Abteilung vorgehalten, [36] die beide unter der Leitung von Prof. Joseph Stutzin [37] standen.

Es galt also der jungen ärztlichen Disziplin „Arbeitsmedizin“ tragfähige Entwicklungsmöglichkeiten einzuräumen, die im Rahmen einer internistischen Abteilung eines mittleren Krankenhauses ohne Beeinträchtigung ihrer internistischen Aufgaben a priori unmöglich war. Dies führte dazu, dass die Stadt Berlin Baader in dem am Standort Buckow-Ost gelegenen – 1160 Betten umfassenden – Großkrankenhaus Neukölln eine entwicklungsfähige Sonderabteilung für Gewerbekrankheiten einrichtete.  

So wurde Baader im Oktober 1933 zum Direktor der I. Inneren Abteilung des städtischen Krankenhauses Berlin-Neukölln ernannt. Durch Erlass des Preußischen Ministers für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung wurde die Abteilung als eigene Lehrstätte der Universität Berlin anerkannt und derselben am 12. März 1934 durch Ministererlass die Bezeichnung „Universitäts-Institut für Berufskrankheiten“ gegeben. Die Aufgabe des Institutes bestand in der Erforschung, Behandlung und Verhütung der Berufskrankheiten, sowie der Lehrtätigkeit über diese Fragen. Mit der 1934 erfolgten Berufung Baaders zum außerordentlichen Professor für Berufskrankheiten wurde die Einrichtung als Institut für Berufskrankheiten Teil der Medizinischen Fakultät der Charité der Friedrich-Wilhelms-Universität, zum arbeitsmedizinischen Anziehungspunkt von internationalem Charakter. 

Betrachtet man die wissenschaftlichen Veröffentlichungen Baaders, so steht ausschließlich der durch Arbeit geschädigte Mensch im Vordergrund seines ärztlichen Handelns. Baader selbst hat dies später  - 1951 - mit wegweisenden Worten so umschrieben:

„Es liegt eine tiefe Tragik darin, wenn der Mensch an der Stelle seiner Arbeit, wo er Brot und Lebenserwerb für sich und die Seinen erhofft, Siechtum und Krankheit findet.“

So sehr ihm das Leid der durch Arbeit geschädigten Menschen anrührte, so wenig Verständnis konnte er Simulanten und Versicherungsbetrüger entgegen bringen; es entsprach schlicht nicht seinen Vorstellungen eines tradiert überkommenden preußischen Ehrbegriffes. Hier aber setzt interessanterweise eine weitere – aus bestimmten Kreisen geschürte – Kritik ein, auf die nachstehend auch gesondert eingegangen werden soll. [38] Baader jedenfalls – geerdet in überkommenen Ehrbegriffen des alten Preußens und der ärztlichen Ethik verschrieben – ließ sich in seiner ihm eigenen Standhaftigkeit nicht von politischen Unwägbarkeiten in die Enge treiben: „Seinen weltweiten Blick ließ er sich auch in der Hitler-Periode nicht einengen, so daß ihm die Hospitationen namhafter sowjetischer Forscher, wie Sergej Kaplun u.a. in seinem Institut politische Maßregelungen einbrachten, die ihm aber nicht beirren konnten. Sein Werk wuchs.“ [39] Der Zweite Weltkrieg und die Einberufung Baaders zunächst als Oberstabsarzt und dann nach Beförderung als Oberfeldarzt zur Wehrmacht setzten seinem wissenschaftlichen Werk in Berlin ein Ende. Für das von Baader geleitete Institut wurde der Institutsverweser Dr. Paul Rössing eingesetzt. 1943 wurde es aufgrund der anglo-amerikanischen Bombenangriffe nahezu vollkommen zerstört; Museum, Bibliothek und Archiv brannten aus. Baader selbst wurde anfangs des Krieges zunächst nach Spanien gesandt, wo er dank seiner spanischen Sprachkenntnisse wochenlang als wissenschaftlicher Vortragender in voller Uniform als, Oberstabsarzt arbeitsmedizinische Vorträge abhielt. Sodann erhielt er die Abkommandierung zunächst nach Frankreich und unmittelbar darauf nach Belgien, wo er ab April 1942 als beratender Internist der Wehrmacht im Range eines Oberstabsarzt bzw. als Oberfeldarztes unter dem militärischen Befehl des Generalarztes Dr. August Blum[40] den Dienst versah. Am 27. April 1945 geriet Baader in amerikanische Kriegsgefangenschaft.

In der 1944 im Rahmen einer Kriegstrauung erfolgten Eheschließung Ernst Wilhelm Baaders mit seiner Cousine 2. Grades Ilse Schroback ist auch ein Zeichen des – wie der Genealoge so treffend umschreibt – geschlossenen Konnubiums zu sehen, das Baader als Sohn eines Kgl. Preußischen Kommerzienrates und Bruder eines im Ersten Weltkrieg gefallenen Kavallerieoffiziers, auszeichnete.  Sie war die Tochter des Kaiserlichen Hofrates im Auswärtigen Amt Otto Schroback – Ritter des Kgl. Wasa-Ordens des Königreiches Schweden – und dessen Ehefrau Margarete, geb. Bechmann.[41]

Diese war die Tochter des Rendanten der Aachen-Münchener-Feuer-Versicherungsgesellschaft Carl Eduard Bechmann (geb. Naugard/Pommern 1.8.1833, verst. Berlin-Charlottenburg 24.7.1906) und dessen Ehefrau Anna Maria Elise Becker (geb. Massow in Pommern 4.5.1846, verst. Berlin-Charlottenburg 25.8.1912), Tochter des Kgl. Preuß. Justizrates, Rechtsanwalts und Notars Franz Alexander Georg Friedrich Becker und dessen Ehefrau Emma Maria Friederike Juliane, geb.  v.  Bardeleben. [42]

 

  Margarete Schroback, geb. Bechmann

mit Tochter Ilse

(Foto aus Privatbesitz) 

 

 

 

 

 

Ilse und Prof. Dr. med. Ernst Wilhelm Baader

  - Hamm/W., 1. September 1956 -  

 

 

„Bald nach dem unglückseligen Ende des Dritten Reiches war Baader aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft freigelassen worden und konnte sich auf Grund seiner Rehabilitierung eine Krankenhaus-Chefarztstelle aussuchen. Nach vielen Überlegungen hat er dann mit richtiger Witterung der später kommenden politischen Auswirkungen nicht Berlin wiedergewählt, seinen Heimatort, sondern inmitten des Ruhrgebietes in dem schön gelegenen Bad Hamm bei Hamm in Westfalen die Leitung eines großen Knappschaftskrankenhauses übernommen, welches er in kurzer Zeit zu einem angesehenen arbeitsmedizinisch-klinischen Zentrum ausgestaltete, und wo sich zahlreiche Mitarbeiter und Assistenten für ihn und sein Anliegen teilweise auch sehr aufopferungsvoll eingesetzt haben. Öfters waren auch ausländische Ärzte mehr oder weniger lange bei ihm Mitarbeiter, so solche aus Indien, Spanien, Italien, USA, Schweden und anderen Ländern. Dort in Bad Hamm in landschaftlich schöner Lage und doch nahe an den wichtigsten westdeutschen Industriezentren blieb Baader.“ [43]

  

Die bereits im Frühjahr 1946 aufgenommene Tätigkeit als Ärztlicher Direktor des Knappschaftskrankenhauses Hamm, in dem er eine Abteilung für Berufskrankheiten mit Schwerpunkt für die Arbeitsschäden der Bergleute einrichten konnte, endete mit dem Eintritt in den Ruhestand am 1.8.1955.

1951 erfolgte die Berufung an die Universität Münster als Honorarprofessor, wo er das Fach „Klinik und Pathologie der Berufskrankheiten“ bis zu seiner Zurruhesetzung vertrat.

Baader hatte sich bis zur Aufopferung seiner eigenen Gesundheit der Aufgabe verschrieben, berufsgeschädigten Menschen Hilfe und Anteilnahme zukommen zu lassen. So soll an dieser Stelle nochmals sein langjähriger Wegbegleiter Ernst Holstein zu Wort kommen, der hierzu wie folgt ausführte:

„Was bei den großen Leistungen von Baader verborgen blieb, ist die Tatsache, daß er seit langen Jahren körperlich sehr schonungsbedürftig gewesen ist. Ende Juni 1953 wurde Baader bettlägerig wegen chronischer Gallenblasensepsis mit drei schweren Rückfällen. Er war noch Mitte September in klinischer Behandlung mit anschließenden Sanatoriumsaufenthalten in Glottersbad bis November 1953. Erschwert durch hinzutretenden Diabetes, hatte Baader später dauernd Diätsorgen, die seine Reisetätigkeit sehr behinderten und Absagen der Teilnahme an Besprechungen und Tagungen bedingten und bei Zusagen guter Vorsorge am Ort erforderten. Deswegen mußte er auch erstmals auf die Teilnahme am alle drei Jahre stattfindenden Internationalen Kongreß für Arbeitsmedizin, der 1954 in Neapel stattfand, verzichten und sich zur gleichen Zeit erneut in ein Kurheim begeben. Im April 1955 trat plötzlich Armthrombose auf. Sehr bald nach meiner Abreise von Hamm, wo ich Baader Anfang Mai 1957 besuchte, traten Entzündungen der Lunge, des Rippenfells und der Bauchspeicheldrüse ein. Akute Herzschwäche zeigte sich, bis Mitte Juni mußte dreimal laparotomiert werden, Mitte Juli lag Baader noch mit toxischer Herzschädigung und Thrombose im Krankenhaus. Erst am 1.12.1957 konnte er wieder seinen Dienst versehen. Weiter war im August 1961 erneut klinische Behandlung wegen Herzschwäche erforderlich. Im November 1961 begab sich Baader zu Gastvorlesungen nach Ägypten, erkrankte dort unter hohem Fieber und Durchfällen. Dabei wurde eine große Leibesgeschwulst getastet; man dachte an Colontumor oder Hypernephrom. Die beabsichtigte Weiterreise nach Indien mußte unterbleiben, aber er schrieb mir aus dem Deutschen Krankenhaus in Beirut: ‚Jedenfalls bin ich bei infaustem Ausgang doch sehr froh, nochmals den interessanten Orient, in dem ich mich immer so wohl gefühlt habe, erlebt zu haben.’ In Deutschland wurde im Dezember der Befund bestätigt und im Januar 1962 bei weiteren Untersuchungen der Tumor als offenbar mit der Niere in Zusammenhang stehend angenommen werden, doch wurde von verschiedenen Chirurgen wegen der Folgen der vorangegangenen Laparotomien von einer Operation abgeraten. In diese Zustand schrieb mir Baader am 21.1.1962, daß auf Initiative von Thomaschewski in München die Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin gegründet und er zum ersten Präsidenten gewählt worden sei. Schwerkrank also, war Baader noch immer im Fachgebiet rührig und bei der Schaffung der Zeitschrift für Arbeitsmedizin mit bemüht. Am 4. Juni 1962 traf ich Baader in Berlin bei der Hochzeitsfeier der einzigen Tochter seines früheren Mitarbeiters Otto Schulz, der 13 Jahre lang seine Poliklinik für Berufskrankheiten leitete. Ich wusste, daß er unter großer Gefahr die Strapazen einer Reise nach Berlin unternommen hatte, um ein Wiedersehen zu ermöglichen. Unter dem Eindruck des nur sehr wenigen bekannten Gesundheitszustandes, der selbst seiner eigenen Ehefrau in seinem Ernst verborgen blieb, hielt ich Baader eine Tischrede, die den gemeinsamen Lebenserinnerungen gewidmet war, worüber Baader sich tief gerührt herzlich bedankte. Am 4.8.1962 schrieb mir Baader, daß er in München nach dem Verlassen eines Kinos, wo er einen Gangsterfilm ‚Die unteren Zehntausend’ gesehen hatte, einem Raubüberfall zum Opfer fiel, wobei ihm der Unterkiefer zerschmettert wurde. Am 17.8.1962 gab mir Baader mit den Worten: ‚ ... kindskopfgroßer Tumor und die Kiefergeschichte waren doch ein memento mori. Da ich nie weiß, wann der Nachen des Mondgottes oder der Acheron mich über Nil und Styx führt ...’ seine Wünsche für das Verkünden seines Todestages durch die Herausgabe des Archivs bekannt.“ [44]

Unter bewusster Aufopferung seiner eigenen Gesundheit und wissentlicher Inkaufnahme der Verkürzung seines Lebens hat Baader sein gesamtes Wirken in den Dienst der durch Arbeit geschädigten Menschen gestellt.

Ungeachtet der internationalen Reputation Baaders – er wurde 1958 zum Berater der Weltgesundheitsorganisation (WHO) berufen – vergaß er nie, sich des einzelnen, durch Berufsausübung geschädigten Menschen, segensreich anzunehmen. Als Sohn eines preußischen Kommerzienrates, als ein dem Kaiserreich innerlich verbundener begüterter Fabrikantensohn,  überwand Baader in seiner weltmännischen Art politische Grenzen und vermeintliche Klassenschranken; eine Leistung, die ihm selbst in der Hochphase des Kalten Krieges noch höchste Anerkennung verschaffte.

Bezeichnenderweise sei hier abschließend auf den 1963 in der DDR erschienenen Nachruf verwiesen, in dem über Baader wie folgt ausgeführt wird:

 

„Es gibt kaum ein Gebiet der Arbeitsmedizin, auf dem er nicht befruchtend, anregend und wegweisend gewirkt hätte. Besonders hervorzuheben aber sind seine Arbeiten über Quecksilber, Mangan und Kadmium sowie die Isocyanate, über Halogenkohlenwasserstoffe und Kohlenoxyd. Aber auch die Staublungenerkrankungen, besonders die Talkose und Asbestose, die Berufskrebse und der Rheumatismus im Berufsleben waren ihm ein besonderes Anliegen. In 180 wissenschaftlichen Arbeiten hat er seine Forschungsergebnisse niedergelegt. Sein beliebtes Lehrbuch der klinischen Grundlagen der Berufserkrankungen erschien bisher in 5 Auflagen. Die Krone seines Lebenswerkes aber war das noch zu seinen Lebzeiten erschienene, von ihm herausgegebene 5-bändige ‚Handbuch der gesamten Arbeitsmedizin’, das erste große Standardwerk in der Welt. Durch zahllose Auslandsreisen, die ihn buchstäblich in alle Erdteile führten, knüpfte er enge internationale Beziehungen zur deutschen Arbeitsmedizin. Sein rastloses Wirken und Mühen um die Gesundherhaltung der werktätigen Menschen hat ihm viele Freunde und zahllose Ehrungen eingebracht. Er war zweifacher Ehrendoktor, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin, Präsident der Deutschen Rheumagesellschaft, Präsident der Deutsch-iberoamerikanischen Ärzteakademie, Vizepräsident der internationalen Kommission für Arbeitsmedizin, Ehrenmitglied zahlreicher arbeitsmedizinischer Gesellschaften des Auslandes und Ritter hoher Orden. Zu seinem 70. Geburtstag am 14. Mai 1962 schrieben ihm Schüler, Freunde und Verehrer des In- und Auslandes in verschiedenen Zeitschriften zahlreiche Widmungsarbeiten. Über seinem ruhelosen Wirken und seinen ausgedehnten Verpflichtungen hat er aber immer Zeit gefunden, seiner Freunde und Schüler besonders zu gedenken. Liebenswürdigkeit im Umgang mit allen Menschen, Besonnenheit und stetige Hilfsbereitschaft waren neben seinem Bienenfleiß die Hauptmerkmale seiner Persönlichkeit. Mit seiner ersten Wirkungsstätte in Berlin-Lichtenberg fühlte sich Baader bis zu seinem Tode verbunden, wobei er besonders darüber beglückt war, daß die Arbeitsmedizin in der DDR eine so hervorragende Pflegestätte gefunden hatte; über alle Trennungsgrenzen hinweg hat er durch Kongressbesuche und Vorträge in der DDR seine Verbundenheit mit unseren Bemühungen bis zuletzt zum Ausdruck gebracht. Über allem  aber steht am Ende seines Lebens die Tatsache, daß Ernst Wilhelm Baader der internationalen arbeitsmedizinischen Welt Begriff und Vorbild geworden ist und daß er durch sein weltweites humanitäres ärztliches Wirken als treuer Sohn seines Vaterlandes unablässig bemüht war, dem deutschen Namen in der Welt wieder einen besseren Klang zu verschaffen. Das sei ihm besonders gedankt.“ [45]

 

 

 

 

 

Tief betrauert von seiner Ehefrau Ilse und der Familie verstarb Ernst Wilhelm Baader im Alter von 70 Jahren am 1. November 1962 an den Auswirkungen zweier in kurzer Folge auftretender Herzinfarkte.

 

 

 

Ilse Baader, geb. Schroback entschlief nach langem, mit großer Geduld ertragenem Leiden in Hamm am 27. September 1966 im 71. Lebensjahr.

 

 

Beide wurden auf dem Marker Friedhof in Hamm im Erbbegräbnis beigesetzt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



[1]Margarethe Kadelbach, verehelichte Baader, war auch die Tante der nachmaligen Ehefrau Ernst Wilhelm Baaders, Ilse Schroback, so dass zwischen diesen beiden eine Heirat zwischen Cousin und Cousine 2. Grades erfolgte. 
 
[2] Curt Baader, Leutnant im Jäger-Regiment zu Pferde No. 5. Nach Beginn der Kampfhandlungen schwer verwundet; verst. Reserve-Lazarett Freiburg i. Br. 18.2.15. Zum Regiment: Das im Kavallerieverband der Preußischen Armee aufgestellte „Jäger-Rgt. zu Pferde No. 5“ umfasste fünf Eskadrons und entstand aufgrund Allerhöchster-Kabinetts-Order (A.K.O.) vom 31. März 1908 zum 1. Oktober des 1908. Zu dieser Aufstellung mussten je eine Eskadron abgeben: das Husaren Regiment Nr. 3; das Ulanen Regiment Nr. 5;  das Ulanen Regiment Nr. 7; das Dragoner Regiment Nr. 9; das Dragoner Regiment Nr. 6. Das Regiment bezog seine Garnison in Mühlhausen/Elsass. Im Ersten Weltkrieg wurde das Regiment ausschließlich am westlichen Kriegsschauplatz eingesetzt und versah nach dem Beginn der Kriegshandlungen zunächst Grenzschutzdienste im Abschnitt von Tann (Elsass) bis zur Schweizer Grenze. Im Jahre 1916 wurde der Regimentsverband aufgelöst und die Eskadrons auf Infanterie-Divisionen verteilt. Der Kavalleriestatus blieb bis Kriegsende erhalten.

 

[3] Dieses Bild bzw. die Bilder dieser Kategorie stammen aus den 1933 - 1934 erschienenen Zigarettenbildalben Fahnen- und Standarten-Träger- Album 1+2 herausgegeben von ALVA-Cigaretten, Orientalische Cigaretten-Companie- "Yosma" GmbH Bremen. Der Urheber der Bilder ist nicht zu ermitteln. Die Bilder sind vor mehr als 70 Jahren erschienen und können deshalb gemäß § 66 als anonyme und pseudonyme Werke im Sinne des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (UrhG) als gemeinfrei betrachtet werden. 

 

[4]  Zum Königl. Wilhelms-Gymnasium siehe
 
https://de.wikipedia.org/wiki/Königliches_Wilhelms-Gymnasium_(Berlin) - Zugriff 23.7.2014: „Die Schule befand sich an der damaligen Viktoriastraße und der Bellevuestraße in Berlin-Tiergarten und entwickelte sich aus dem am 17. Mai 1858 eröffneten Königlichen Progymnasium vor dem Potsdamer Tor. Am 21. März 1861 übernahm der König (und spätere deutsche Kaiser) Wilhelm I. die Patronage, verlieh der Anstalt die Rechte eines königlichen Gymnasiums und gab ihr den Namen Wilhelms-Gymnasium. Die erste Abiturprüfung wurde zu Michaelis 1863 abgelegt. Angesichts des starken Bevölkerungszuwachses in diesem von höheren Beamten, Offizieren und wohlhabenden Kaufleuten bewohnten Stadtteil („Geheimratsviertel“) war ein Neu- und Ausbau dringend vonnöten. Am 8. Juni 1863 erfolgte die Grundsteinlegung für ein neues Schulgebäude in Anwesenheit König Wilhelms I. und Ostern 1865 konnte das Gebäude bereits in Teilen belegt werden. Architekt war der Baurat Adolf Lohse (1807–1867), die Ausführung des Vorderhauses lag in Händen von Hubert Göbbels. Auch später erfolgten bauliche Erweiterungen, wie beispielsweise 1870/71 der Bau einer Turnhalle und eines Wohnhauses für den Direktor. Das Hauptgebäude befand sich im Inneren des Blocks an der damaligen Viktoriastraße (heutiger Verlauf der neuen Potsdamer Straße) und der Bellevuestraße und war der Viktoriastraße zugewandt, von der aus es einen Zugang gab. Die Erweiterungen verbanden dieses Innengrundstück auch mit der Bellevuestraße 15, die offizielle Postanschrift wurde. Dort lag auf dem Nachbargrundstück das Hotel Esplanade. Das Gymnasium erfreute sich regen Zulaufes und erreichte in den Jahren vor der Jahrhundertwende mit fast 1000 Schülern aus überwiegend evangelischen oder jüdischen Familien seinen Höhepunkt. Erst Anfang des 20. Jahrhunderts ging die Schülerzahl trotz der weiter steigenden Bevölkerungszahl leicht zurück, da in unmittelbarer Nähe immer neue Gymnasien eingerichtet wurden.“

 

[5] Nicht zu verwechseln mit der heutigen „Leibniz-Oberschule (Gymnasium)“ in Berlin-Kreuzberg, die zunächst „Friedrich-Wilhelmstädtische höhere Lehranstalt“ an der Friedrichstraße und dann bis 1938 Friedrichs-Realgymnasium hieß. Sie erhielt erst 1946 den Namen „Leibniz-Gymnasium“.

 

[6] Unbekannter Grafiker der Epoche. - Illustrierte Zeitung, Bd. 46 (1866), S. 133. Abbildung: Gemeinfrei.

 

[7] Zu Helmuth v. Glasenapp (geb. Berlin 8.9.1891, verst. Tübingen 25.6.1963) siehe: Helmut Hoffmann, „Glasenapp, Otto Max Helmuth von“, in: Neue Deutsche Biographie 6 (1964), S. 427 f. [Onlinefassung]; URL:
 
http://www.deutsche-biographie.de/pnd118695215.html - Zugriff 27.6.2014: „Ab Sommersemester 1910 war Glasenapp bei der Universität Tübingen eingeschrieben, zunächst als Jurist, doch schwenkte er schon im 1. Semester zur Indologie ab. Verursacht wurde dies durch die Eindrücke der bedeutenden indologisch-religionshistorischen Bücher von Deussen, Oldenberg und die seines Tübinger Lehrers R. von Garbe, zu denen sich die reichhaltigen indologischen Partien im Werke Arthur Schopenhauers gesellten. Drei weitere Semester studierte Glasenapp dann in München bei Ernst Kuhn und R. Simon Sanskrit und Pali und hörte 1912-14 in Berlin und Bonn bei H. Lüders, H. Beckh und H. Jacobi, bei letzterem legte er die Grundlagen für künftige Arbeiten in der Jaina-Literatur und in der Geschichte der indischen Philosophie. Die indologische Ausbildung Glasenapps war also sehr vielseitig und umfassend. Daneben lief ein Studium der Allgemeinen Religionswissenschaft bei C. Clemen, K. Holl und U. von Wilamowitz-Moellendorff. 1914 wurde Glasenapp in Bonn promoviert auf Grund seiner Dissertation „Die Lehre vom Karman in der Philosophie Jainas“ (gedruckt 1915). 1918 erfolgte, ebenfalls in Bonn, die Habilitation mit der Arbeit „Madhvas Philosophie des Vishnuglaubens“ (gedruckt 1923), 1920 die Umhabilitierung nach Berlin, 1928 die Berufung zum ordentlichen Professor an der Universität Königsberg, wo Glasenapp bis Kriegsende blieb. 1946-59 hatte er das Ordinariat seines Lehrers von Garbe an der Universität Tübingen inne. Glasenapp, einem lebendigen und systematischen Geist, der sein großes theoretisches Wissen auf zahlreichen Reisen im Orient wie in der ganzen Welt durch Anschauung und Erlebnis vertiefte, war es gegeben, die riesigen Massen der indischen religiösen und kulturellen Überlieferung ungeachtet der sehr schwierigen und abendländischem Denken fremden Materie in so übersichtlicher und klarer Form darzubieten, daß seine Werke ein Besitz nicht nur der Fachgelehrten, sondern auch der Gebildeten in Deutschland wurden und darüber hinaus in zahlreichen Übersetzungen in andere europäische und sogar indische Sprachen Verbreitung fanden. Über alle großen indischen Religionen hat er umfassende und autoritative Werke hinterlassen: „Der Hinduismus“ (1922), „Der Jainismus“ (1925), „Der Buddhismus in Indien und im Fernen Osten“ (1936), zusammenfassend über die indische Religion und Philosophie: „Brahma und Buddha“ (1926, neubearbeitet unter dem Titel „Die Religionen Indiens“, 1943), „Die Philosophie der Inder“ (1949); dazu als literarhistorisches Pendant: „Die Literaturen Indiens von ihren Anfängen bis zur Gegenwart“ (1929, veränderte Neuauflage 1961).“

 

[8]  Hellmuth v. Glasenapp, Meine Lebensreise – Menschen, Länder und Dinge, die ich sah. Wiesbaden 1964, S. 19-21 ff.

 

[9]  Siehe hierzu Glasenapp, a.a.O., S. 108.

 

[10]Siehe hierzu: Hans Oskar von Rosenberg-Lipinsky: Das Königin Elisabeth Garde-Grenadier-Regiment Nr. 3 im Weltkriege 1914-1918, Zeulenroda 1935.  Hervorgegangen durch Allerhöchste Kabinetts- Order (AKO) vom 5.5.1860 als 1. kombiniertes Gren. Regiment -  aus den drei Landwehr-Btl. des 3. Garde-Landwehr-Regts. Görlitz, Breslau, Polnisch Lissa wurden I. bzw. II. und Füs. Btl.. Am 18.10.1861 erfolgte die Bezeichnung 3. Garde Gren. Rgt. Königin Elsabeth; ab 18.10.1892: Königin Elisabeth Garde-Gren.-Rgt. Nr. 3. Standort: Seit 1896 Berlin-Charlottenburg; die Kasernenanlage für das Königin Elisabeth Garde-Grenadierregiment Nr. 3 wurde von 1893 bis 1896 entlang der heutigen Soorstraße auf 6 ha Grundfläche nach Entwürfen von Georg Wieczoreck (1852-1899) im Stil der deutschen Renaissance gebaut. Hier befindet sich auch das Gefallenendenkmal des Regiments (
 

 

[11]Dieses Bild bzw. die Bilder dieser Kategorie stammen aus den 1933 - 1934 erschienenen Zigarettenbildalben Fahnen- und Standarten-Träger- Album 1+2 herausgegeben von ALVA-Cigaretten, Orientalische Cigaretten-Companie- "Yosma" GmbH Bremen. Der Urheber der Bilder ist nicht zu ermitteln. Die Bilder sind vor mehr als 70 Jahren erschienen und können deshalb gemäß § 66 als anonyme und pseudonyme Werke im Sinne des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (UrhG) als gemeinfrei betrachtet werden.

 

[12]Zur deutschen Militärmission im Osmanischen Reich siehe:
 
http://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Militärmissionen_im_Osmanischen_Reich (m. w. FN) - Zugriff: 16.8.2014: „Die Deutschen Militärmissionen im Osmanischen Reich waren verteidigungspolitische Vorhaben zur Modernisierung der Osmanischen Armee in der Zeit des Deutschen Kaiserreichs. Die Militärmissionen unter den preußischen Generälen von der Goltz und Liman von Sanders stellten neben dem Bau der Bagdadbahn einen maßgeblichen Beitrag zur Intensivierung des deutsch-türkischen Verhältnisses dar, was das Osmanische Reich mit veranlasste, auf Seiten der Mittelmächte in den Ersten Weltkrieg einzutreten.... In der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg war der Zustand des osmanischen Heeres wie auch der Marine vollkommen desolat. Das Reich befand sich in einem Spannungsfeld zwischen panislamischen, osmanistischen, pantürkischen und panturanischen Strömungen. Die deutschen Militärreformer unter Generalfeldmarschall von der Goltz erfuhren vor dem Balkankrieg durch Sultan Abdülhamid II., der in ständiger Furcht vor einer durch das Militär gestützten Revolution lebte, kaum praktische Unterstützung, das osmanische Militär wirksam zu modernisieren. Auch die nach der Absetzung des Sultans (1909) durch die Jungtürken erfolgte Reorganisation des Heeres nach dem Plan von Marschall Izzet Pascha (türk.: Ahmet İzzet Paşa) geschah ohne Einflussmöglichkeit der deutschen Instruktionsoffiziere und führte in die katastrophale Niederlage des Balkankrieges 1912/13. Nur die Zerstrittenheit der Balkanstaaten rettete das Osmanische Reich vor dem Untergang und sicherte den Osmanen noch die Herrschaft über den Bosporus und die verbliebenen europäischen Territorien. Sowohl Russland als auch die Entente Frankreich/England sahen auch angesichts des sich abzeichnenden Machtvakuums in der Kontrolle über Dardanellen und Bosporus ein eigenes vitales Interesse. In dieser Situation erfolgte am 22. Mai 1913 die offizielle Bitte des Osmanischen Reiches um Entsendung eines deutschen Generals zur Reorganisation der Armee. Am 30. Juni 1913 wurde Liman von Sanders vom Kaiser zum Leiter der neuen Militärmission in Konstantinopel ernannt, worauf die osmanische Regierung im August 1913 Verhandlungen mit der deutschen aufnahm und per Kontrakt die deutsche Militärmission unter der Führung des deutschen Generalleutnants und nunmehr osmanischen Generals (kurz darauf deutschen Generals und osmanischen Marschalls) Liman von Sanders mit weitreichenden Befugnissen ausstattete und mit der zweiten Reorganisation der Armee beauftragte. Damit wurde das Vermächtnis des ehemaligen Kriegsministers – Großwesir und General Schewket Pascha (türk. Şevket Paşa) – verwirklicht, der vor seiner Ermordung dem deutschen Botschafter Freiherr von Wangenheim erklärt hatte, dass das Deutsche Reich eine besondere Rolle bei der Umgestaltung des osmanischen Staates übernehmen müsse, welcher „unter der fast diktatorischen Oberleitung eines deutschen Generals“ „von Grund auf reformiert werden“ müsse. Diplomatisch führte die Frage der Entsendung deutscher Militärberater in die Türkei zu beträchtlichen Verwicklungen mit anderen Großmächten, die an einer deutschen Präsenz am Bosporus und am militärischen Wiedererstarken der Türkei nicht interessiert waren (so genannte Liman-von-Sanders-Krise). Infolge der Ermordung Schewket Paschas verzögert, erhielt Liman von Sanders schließlich im November die Erlaubnis des Kaisers, den von deutscher Militärführung, Auswärtigem Amt und türkischem Ministerrat gebilligten Vertrag zu unterzeichnen.  Wenige Tage nach dem Eintreffen der deutschen Militärmission in Konstantinopel im Dezember 1913 trat der bisherige Kriegsminister Izzet Pascha zugunsten des jungen Majors Ismail Enver Bey (später Enver Pascha) zurück, der das Vertrauen Schewket Paschas in die deutsche und türkische Armee teilte, dessen militärische Unerfahrenheit in der Folge aber zu ernsten Konflikten mit dem fachlich außerordentlich gewissenhaften – aber diplomatisch wenig begabten – Liman von Sanders führte. Innerhalb von nur sieben Monaten führte nun Liman von Sanders durch schonungslose und unermüdliche Arbeit das osmanische Heer zu einer Schlagkraft heran, mit der die Entente aufgrund der Balkankriegserfahrung nicht ansatzweise gerechnet hatte. Doch wurde die Tätigkeit der deutschen Militärmission mit der Aussicht auf eine Erstarkung des osmanischen Heeres auch zum Anlass für eine internationale Krise, welcher später teils sogar kriegsauslösende Wirkung zugeschrieben wurde, da sich Russland und die Entente unter Zugzwang gesetzt fühlten. Nach Ausbruch des europäischen Krieges am 1. August 1914 war per Kontrakt der Militärmission zunächst die Rückberufung der deutschen Offiziere vorgesehen. Am 2. August schlossen darauf jedoch Großwesir Said Halim Pascha und Kriegsminister Enver einen geheimen Allianzvertrag mit dem Deutschen Reich ab, in den nach Konsultation Limans auf dessen Rat für den Fall eines Verbleibens der Militärmission ein Passus eingefügt wurde, der den deutschen Offizieren einen „tatsächlichen Einfluss auf die Kriegsführung“ zusicherte. Dennoch befürchteten die Deutschen weiterhin ein Überschwenken der formal die Neutralität wahrenden Osmanen und drängten auf raschen Kriegseintritt. Auch konnte die Befestigung der Dardanellen wegen der Anwesenheit einer englischen Marinemission nicht wirksam betrieben werden. Entsprechend der deutschen Heeresmission war für die Marine schon 1912 der englische Admiral Limpus mit der Reformierung beauftragt worden, dessen Militärmission – im August 1914 bereits über 70 Marineoffiziere – nun aber offiziell durch die osmanische Regierung am 15. August 1914 beendet wird, also kurz nach der brüskierenden Beschlagnahme der Schlachtschiffe Reschadie (türk. Reşadiye) und Sultan Osman I. durch die Engländer am 1. August 1914, worauf am 12. August 1914 die spektakuläre Übergabe der SMS Goeben (umgetauft in Jawus Sultan Selim, türk.: Javuz Sultan Selim) und der SMS Breslau (umgetauft in Midilli) in den osmanischen Dienst mit deutscher Besatzung durch Konteradmiral Souchon erfolgt war. Admiral Wilhelm Souchon wurde vom Sultan zum Oberbefehlshaber der Osmanischen Flotte ernannt. Die englische Marinemission hatte in für Marineminister Dschemal (türk. Cemal) bindender Tradition gestanden, da vor Limpus bereits 1908 Konteradmiral Sir Douglas Gamble und 1910 Admiral Williams dafür verwendet wurden, wenn auch ohne wirkliche Möglichkeit zu einer effektiven Modernisierung. Nach dem deutschen Sieg bei Tannenberg schiffte das Osmanische Reich am 15. September 1914 die letzten englischen Offiziere aus und sperrte schließlich nach eiligst durchgeführter Befestigung der Dardanellen unter deutscher Leitung am 27. September 1914 offiziell die Meerengen für die internationale Schifffahrt, worauf es am 29. Oktober 1914 fast zeitgleich zu Angriffen der unter osmanischer Flagge fahrenden Flotte unter Admiral Souchon im Schwarzen Meer gegen die Russen und zu einem englischen Angriff gegen osmanische aus dem Hafen von Smyrna (türk. İzmir) auslaufende Handelsschiffe kommt und am 12. November 1914 die osmanische Regierung der Tripel-Entente den Krieg erklärt. Liman von Sanders geriet nun in heftige Konflikte mit dem deutschen Botschafter bezüglich der von dem deutschen Militärattaché und dem Botschafter geplanten Expeditionen von Sondereinheiten, da er diese nach strikt militärischen Gesichtspunkten beurteilte und sich den politischen Interessen und Expansionswünschen Berlins wie auch denen der Jungtürken nicht beugen wollte. Daher wurde seine Ablösung durch den Generalfeldmarschall von der Goltz beschlossen. Nachdem von dieser Maßnahme wieder abgesehen wurde, die Vereinbarungen betreffs der Entsendung des Freiherrn von der Goltz aber nicht rückgängig gemacht wurden, traf dieser am 12. Dezember 1914 in Konstantinopel ein und wurde zunächst als Militärberater des Sultans verwendet, möglicherweise, um zwischen osmanischer Seite, Botschaft und Militärmission zu vermitteln, was allerdings aufgrund der Teilnahmslosigkeit von Mehmed V. wenig erfolgreich blieb. Am 24. März 1915 erhält Liman von Sanders durch Enver den Oberbefehl über die neu zu formierende fünfte Armee zur Verteidigung der Dardanellen, welche neben der vorausgegangenen Mobilisierung die erste große Bewährungsprobe der reorganisierten Armee wurde.... Den rund 40 Instruktionsoffizieren – der Kontrakt sah 42 vor – im Dezember 1913 folgten bis Mitte 1914 zunächst rund 30 weitere und besonders mit Kriegsbeginn 1914 viele zusätzliche sowie detachierte Truppenteile (Offiziere, Mannschaften, Fachleute, Personal etc.). Anfang 1916 befanden sich bereits rund 200 Offiziere im Dienst der Mission, die sich ab dem Winter 1916/1917 zu einer großen deutschen Etappenbehörde entwickelte, welche die Arbeit der bisherigen Verbindungsoffiziere übernahm sowie die Verwaltung sämtlicher deutscher Personalien und Gerichtsangelegenheiten.  Zum Kriegsende wurden schließlich allein über Gibraltar rund 800 deutsche Offiziere und 12.000 Mannschaften repatriiert. Schätzungen zufolge könnte die maximale Anzahl der im Osmanischen Reich verwendeten Deutschen 18.000 bis 25.000 Mann betragen haben.  Sowohl sämtliche wichtigere Funktionen in Generalstab, Artillerie, technischen Truppen, Rüstungsindustrie, Marine und sonstigen Diensten mussten Deutschen übertragen werden, wie auch einfacheres Personal (Unteroffiziere, Meister, Vorarbeiter) und sogar Fabrikarbeiter, da das Osmanische Reich nicht über entsprechend ausgebildete Kräfte verfügte. Die Deutschen übernahmen die komplette Instandsetzung der Verteidigungsanlagen der Dardanellen und des Bosporus, Bedienung der schweren Artillerie, Verstärkungen der Befestigungsanlagen, das Verbindungswesen, Legen der Seeminen, die Verteidigung der U-Boote, Luftwaffe, alle Waffen-, Munitions-, und Sprengstoff-Fabriken, das Marinearsenal, die Docks und vieles mehr und besetzten es mit ihrem Personal. Das verwahrloste und unentwickelte Militärlazarettwesen wurde unter Suleyman Numan Pascha durch Verdienst des obersten Sanitätsoffiziers, Mayer, auf kriegstauglichen Stand gebracht. Bekleidung und Hygiene der Truppen, innerer Zustand der militärischen Gebäude und Stallungen sowie die Pflege der Pferde hatten sich zu Beginn der Tätigkeit der Militärmission in stark vernachlässigtem Zustand befunden. Die Ausbildung der Offiziere war theorielastig und nicht auf Verantwortung für Truppe und Material ausgerichtet gewesen. In der ersten Jahreshälfte 1914 wurden die Infanterie-, Feldartillerie- und Fußartillerieschule in Konstantinopel und die Kavallerie-Unteroffizierschule in Ajas Agar mit deutschen Leitern und Lehrern besetzt und eine Offizierreitschule sowie eine Schule für Ausbildung des Trains von den Deutschen gegründet.“

 

[13]Unbekanner Künstler, Druck Luigard, Wien VIII, Erstellt 1917, gemeinfrei.

 

[14]Vgl. hierzu: Horst Rohde (Hrsg.): Das deutsche Feldeisenbahnwesen im Ersten Weltkrieg. Die Eisenbahnen zu Kriegsbeginn (Reprint 2009) u. Kriegsende (Bd. 2), Hamburg 2010. Das Eisenbahn-Regiment No. 1 – hervorgegangen aufgrund AKO vom 30.12.1875 war Teil des Gardekorps. Dem Gardekorps gehörten bis 1918 sämtliche Gardetruppenteile der Königlich-Preußischen Armee an.

 

[15] Werner Schultz, Über eigenartige Halserkrankungen. Dtsch. med. Wschr. 48, 1495 (1922).

 

[16]Stötter, Friedrich Umber zum Siebzigsten Geburtstag, in: Klinische Wochenschrift, 1. November 1941, Jg. 20, Heft 44, S. 1111-1112.

 

[17]Zeitgenössische Aufnahme - gemeinfrei; Privatbesitz

 

[18]D. Milles, R. Müller (2002): Gewerbemedizinalstatistik in Deutschland. Zur Geschichte der Berichtserstattung über die industrielle Pathologie. In: Robert-Koch-Institut (Hg.): Arbeitsweltbezogene Gesundheitsberichterstattung in Deutschland: Bestandsaufnahme, Probleme, Perspektiven. Reihe: Beiträge zur Gesundheitsberichterstattung des Bundes. S. 17-26.

 

[19]So z.B.: Ludwig Hirt, Die Krankheiten der Arbeiter. Beiträge zur Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege, 4 Bände, Breslau, später Leipzig, 1871, 1873, 1875, 1878. Wegweisend zudem: Krankheit und Soziale Lage, Hrsg. von M. Mosse und G. Tugendreich, München 1913 mit umfangreichen Darstellungen zur sozialen Therapie und zur sozialen Ätiologie der Krankheiten.  Zu Letzterem beispielhaft in Mosse/Tugendreich, a.a.O.: Franz Koelsch, Arbeit bzw. Beruf in ihrem Einfluss auf Krankheit und Sterblichkeit,  S. 154 – 232.

 

[20]Fritz Kochan, 75 Jahre Arbeitsmedizin in Berlin, in: Arbeitsmedizin im Wandel – Bewährte Strategien und Herausforderungen. Dokumentationsband über die 40. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Unfallmedizin e.V. Hrsg. von Gustav Schäcke und Peter Lüth, Fulda 2000, S. 48-56 (S. 46).

 

[21]Hans- Joachim Woitowitz, Klinische Arbeitsmedizin in Deutschland seit E. W. Baader – Zukünftige Entwicklung  (Vortrag gehalten anlässlich der E. W. Baader-Vorlesung. 40 Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e.V., Berlin 16.5.2000), in: Arbeitsmed.Sozialmed.Umweltmed. 35.8.2000, S. 363 (= 75 Jahre Arbeitsmedizin in Berlin, in: Arbeitsmedizin im Wandel – Bewährte Strategien und Herausforderungen. Dokumentationsband über die 40. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Unfallmedizin e.V. Hrsg. von Gustav Schäcke und Peter Lüth, Fulda 2000, S. 61-80, (S. 61-62).

 

[22]Kochan, a.a.O., S. 49.

 

[23]Zeitgenössische Aufnahme (Postkarte); gemeinfrei.

 

[24]Hans Symanski, Prof. E. W. Baader – Mensch und Werk (1982-1962). Sonderdruck anläßlich des 10-jährigen Bestehens der E. W. Baader-Stiftung.

 

[25]Ernst Wilhelm Baader, Tätigkeitsbericht der Abteilung für Gewerbekrankheiten des Kaiserin Auguste-Viktoria-Krankenhauses in Berlin-Lichtenberg in: Zbl. Gewerbehyg. Unfallv. 14, 385 (1927).

 

[26]„Am 14. Mai 1925 erließ der Herr Minister für Handel und Gewerbe folgenden Erlaß: M.f.H.u.G. III 4159. Betrifft: Einrichtung einer Station für Gewerbekrankheiten im Kaiserin-Auguste-Viktoria-Krankenhaus in Berlin-Lichtenberg. Bei dem Kaiserin-Auguste-Viktoria-Krankenhaus in Berlin-Lichtenberg, Prinz-Albert-Str. 41 bis 42, ist eine Station für Gewerbekrankheiten eingerichtet worden, die von dem dirigierenden Arzt der Inneren Abteilung Dr. Baader geleitet wird. Das von der Kaiserin-Auguste-Viktoria-Stiftung verwaltete Krankenhaus ist durch seine Lage im Berliner Osten in der Nähe zahlreicher Fabrikbetriebe besonders geeignet für Erforschung und Behandlung von gewerblichen Schädigungen. Eine moderne Röntgenausstattung, ein reichhaltiges chemisches und bakteriologisches Laboratorium stehen zur Verfügung, um die Möglichkeit der Schaffung des in Groß-Berlin immer noch fehlenden Forschungs- und Behandlungsinstituts für Berufskrankheiten – analog der Mailänder Klinik für Arbeiterkrankheiten zu gewährleisten. Da die Kenntnis der gewerblichen Krankheiten unter den Ärzten, auch unter den beamteten, immer noch nicht genügend verbreitet ist und verschiedene dieser Krankheiten noch nicht genügend aufgeklärt sind, erscheint die getroffene Einrichtung begrüßenswert und ihre Unterstützung und Förderung erwünscht. Es würde wertvoll sein, wenn dem oben genannten Arzte die Besichtigung von geeigneten gewerblichen Betrieben ermöglicht würde. Dafür würde Dr. Baader in der Lage sein, den Gewerbeaufsichtsbeamten und Gewerbemedizinalräten durch Mitteilung seiner Beobachtungen in seiner klinischen Tätigkeit und bei Besichtungen von Betrieben wertvolle Hilfe zu leisten. Ich ersuche, die dortigen Gewerbeaufsichtsbeamten anzuweisen, daß sie dem dirigierenden Arzt Dr. Baader bei der Besichtigung gewerblicher Betriebe jede gewünschte Unterstützung zuteil werden lassen. Wegen der Auswahl der Betriebe und der Ausführung der Besichtungen wird Herr Dr. Baader sich mit dem dortigen Oberregierungs- und Gewerberat unmittelbar ins Benehmen setzen. Gez. Dr. Schreiber.“ – Zitiert nach Baader, Tätigkeitsbereicht, a.a.O.

 

[27]„An den Herrn Polizeipräsidenten in Berlin und die Herren Regierungspräsidenten in Potsdam, Frankfurt a. O., Magdeburg, Merseburg und Erfurt. Am 26. Mai 1925 sprach der Preußische Herr Minister für Volkswohlfahrt – J.M. IV. Nr. 1497 – sein Einverständnis mit dem Erlaß des Herrn Ministers für Handel und Gewerbe aus. Am 14. Januar 1926 machte der Preußische Herr Minister für Volkswohlfahrt in seinem Erlaß – I.M.I 120/26 – an die Herren Regierungspräsidenten und den Herrn Polizeipräsidenten in Berlin erneut auf die Wichtigkeit klinischer Fachabteilungen für Gewerbekrankheiten aufmerksam: ‚Infolge der Ausdehnung der Unfallversicherung auf gewerbliche Berufskrankheiten ist es von großer Bedeutung, daß die Kenntnis dieser Krankheiten sowohl bei den Ärzten als auch bei den anderen beteiligten Stellen (Gewerbeaufsichtsbeamten, Bergrevierbeamten, Arbeitgebern und Arbeitnehmern) weiter verbreitet und vertieft wird. Hierzu trägt vor allem die Beobachtung dieser Krankheiten am Krankenmaterial in größeren, modern ausgestatteten Krankenanstalten bei, in denen Laboratorien für chemische und bakteriologische sowie Röntgenuntersuchungen eingerichtet sind. Das Kaiserin-Auguste-Viktoria-Krankenhaus in Berlin-Lichtenberg hat eine Abteilung für Gewerbekrankheiten (Chefarzt Dr. Baader) eingerichtet und sich erboten, die auf diesem Gebiete tätigen Ärzte und besonders die Medizinalbeamten sowie die Gewerbeaufsichtsbeamten durch Mitteilung der klinischen Erfahrungen zu unterstützen.“ Zitiert nach Baader, Tätigkeitsbericht, a.a.O.

 

[28]Verordnung über Ausdehnung der Unfallversicherung auf gewerbliche Berufskrankheiten. RGBl. I, S. 69, 12. Mai 1925.

 

[29]Kochan, a.a.O., S. 50.

 

[30]Siehe: „Wissenschaftliches Werk“.

 

[31]Kochan, a.a.O., S. 51.

 

[32]Symanski, Prof. E. W. Baader – Mensch und Werk (1982-1962), a.a.O. S. 1, 2.

[33]So z.B. Ulrich Zumdick: „Seine Chefarzt-Stelle im Neuköllner Krankenhaus konnte er nur durch das Berufsverbot für jüdische Ärzte erlangen, nicht aus Gründen wissenschaftlicher Reputation.“ in: baua – Aktuell, 2/14, S. 12. Ernst Wilhelm Baader und der Nationalsozialismus. 
 
Es erstaunt – bzw. angesichs einer dem gegenwärtigen Zeitgeist angepassten Geschichtsschreibung und daraus folgender simpler Deutung selbsternannter sittlich-moralischer Tugendwächter – erstaunt es auch wieder nicht, wie die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) nun zu einer solchen Einschätzung kommt. Versucht man nun Baaders Werk in Gänze zu negieren, verwendete die gleiche Institution noch vor wenigen Jahren die Vokabeln "internationaler Rang" in Bezug auf seine wissenschaftlichen Leistungen. 

In diesem Zusammenhang sei auf die Pressemitteilung Nr. 36 vom 12. Mai 2000 der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin zum „Baader-Jahr“ verwiesen, in der es hieß:

„Seit 75 Jahren ist Berlin Zentrum für multidisziplinäre Arbeitsmedizin – Veranstaltungen und Ausstellungen präsentieren Arbeitsmedizin im Wandel. Vor genau 75 Jahren schlug die Geburtsstunde der Arbeitsmedizin in Deutschland. Per Erlass errichtete der damalige Minister für Handel und Gewerbe am 14. Mai 1925 eine ‚Station für Gewerbekrankheiten“ im Kaiserin-Auguste-Viktoria-Krankenhaus in Berlin-Lichtenberg. Damit verfügte Deutschland nach Italien (1910) und Russland (1923) als drittes Land in der Welt über eine derartige Einrichtung. Unter der Leitung von Dr. Ernst W. Baader entwickelte sich das Haus an der heutigen Nöldnerstraße rasch zu einem arbeitsmedizinischen Zentrum von internationalem Rang. Eine Tradition, die kontinuierlich fortgesetzt wurde. Heute befindet sich hier der Fachbereich Arbeitsmedizin der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA). Nach wie vor forschen im traditionsreichen Gebäude Wissenschaftler aus den verschiedensten Disziplinen für eine präventive und praxisorientierte Arbeitsmedizin. Anläßlich des Jubiläums rief der Trägerkreis ‚Baader-Jahr’, dem auch die BAuA angehört, für die Region Berlin-Brandenburg das Festjahr ‚Arbeitsmedizin im Wandel – 75 Jahre multidisziplinäre Arbeitsmedizin in Berlin’ aus. Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Eberhard Diepgen, übernahm die Schirmherrschaft. Die feierliche Eröffnung findet im Rahmen der 40. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e.V. am 16. Mai 2000 statt. Das Festjahr endet mit einer Finissage am 14. Mai 2001...“

[34] Im Näheren siehe „Posthume Kritik – Bewertung u. Gegendarstellung.

 

[35]Ernst Holstein, Baader und die Arbeitsmedizin. Vortrag gehalten im Rahmen der E.-W.-Baader-Gedächtnis-Vorlesungen anläßlich der 8. Jahrestagung der DGAM, Essen, 18.-20. Oktober 1968. Abgedruckt in: Die E.-W.-Baader - Gedächtnis-Vorlesungen für Arbeitsmedizin 1968-1998, Hrsg. von H. Valentin, Erlangen und G. Zerlett, Köln. Stuttgart, 1998. S. 13-18 (S. 14).

 

[36] Berliner Adressbuch – digitalisierte Ausgabe der Zentral- und Landesbibliothek:

 

[37]„Prof. Dr. med. Joseph Stutzin, geb. 1878, gest. 1954. Approbation: 1904, Fach: Urologie/ Chirurgie, Studium: München, Giessen und Berlin. Adresse 1933: Berlin, Kurfürstendamm 44. Tätigkeiten: Chirurgische und urologische Ausbildung in Breslau, Paris und Berlin. Ab 1927 leitet er eine urologische Abteilung im Kaiserin Auguste Viktoria Krankenhaus. Seit 1931 leitet er die Chirurgische Abteilung des Kaiserin-Auguste-Viktoria-Krankenhauses.  Dissertation: 1908 in Santiago in Spanien, Habilitation: 1924 in Spanien Prof. Dr. Joseph Stutzin, der u.a. eine Privatklinik, meldete sich bereits Anfang 1934 aus dem RMK ab.“ Entnommen aus: Kurzbiographien der jüdischen und aus dem Judentum stammenden Urologen - Stand: 20.5.2011 - Bearbeitet: Julia Bellmann, M.A, in: Museum und Archiv der Deutschen Gesellschaft für Urologie e.V. (http://museum.dgu.de/index.html) - Zugriff: 17.8.2014.

 

[38] Im Näheren siehe „Posthume Kritik – Bewertung und Gegendarstellung“.

 

[39]W. Erhardt, IN MEMORIAM Prof. Dr. Dr. h.c. Dr. h.c. E. W. Baader, in: Zeitschrift für die gesamte Hygiene und ihre Grenzgebiete – Organ der Deutschen Gesellschaft für die Gesamte Hygiene, Sonderdruck aus Heft 4, April 1963, 9. Jahrgang, Berlin 1963.

 

[40]Geb. Reichensachsen 17.8.1889, verst. ebenda 25.2.1952. Korpsarzt XII. Armeekorps: 26.8.1939; Generalarzt 1.8.1940; Korpsarzt IX. Armeekorps 20.2.1941, Generalstabsarzt 1.8.1942. Ltd. Sanitätsoffizier der durch die Wehrmacht besetzten Gebiete Belgien und Nordfrankreich.

 

[41]Ihr Bruder: Franz Erich Johannes Bechmann, geb. Berlin 4.5.1868, gefallen Neufchateau (Belgien) 22.8.1914, Major R.I.R. 83, Lehrer an der Kriegsschule Kassel.  Seine sterblichen Überreste wurden 1915 auf den Friedhof Luisenfriedhof III - Fürstenbrunner Weg in Berlin überführt und im Beisein I.K.H., der Preußischen Kronprinzessin Cecilie, am 26.5.1915 beigesetzt. Der zum Gedenken an Major Erich Bechmann zunächst dort errichtete Obelisk befindet sich mittlerweile in Wustrau/Brandenburg auf dem dortigen Friedhof.

 

[42]Siehe hierzu Generalleutnant Carl v. Bardeleben, Stammtafeln der beiden märkischen uradeligen Geschlechter von Bardeleben – Tafel VI – Die Linie Selbelang. Görlitz, o. J.

 

[43]Symanski, Prof. E. W. Baader – Mensch und Werk (1982-1962), a.a.O.

 

[44] Ernst Holstein, Baader und die Arbeitsmedizin, a.a.O., S. 17,18.

 

[45]Erhardt, a.a.O.

 

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